6. Tag:
Fahrt nach Meran mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Besichtigung Heimatmuseum Karneid in Steinegg

Der Tag begann mit Atem- und Körperübungen unter Leitung von Jürgen.
Danach meditierte Jürgen mit uns unter dem Thema "In Harmonie mit Dir und anderen".
Nach dem anschließenden Frühstück hatten wir den Tag zur freien Verfügung. Da das Wetter gut war, entschlossen meine Frau und ich uns zum nochmaligen Besuch von Meran.

Wir fuhren also mit dem Linienbus von Steinegg nach Bozen. Der Großraumverkehr in dieser Gegend war insofern gut gelöst, dass wir zunächst nur eine Fahrkarte bis Bozen lösten. In dieser Fahrkarte war aber schon der Grundpreis enthalten, sodaß wir in Bozen am Busbahnhof bei der anderen Verkehrsgesellschaft nur den Differenzpreis von Bozen nach Meran bezahlen mussten. Von diesem Busbahnhof aus fuhren wir nun die alte Straße entlang. Dies hatte den Vorteil, wenn auch die Fahrt länger dauerte, als über die Schnellstraße, dass wir etwas von den vielen Dörfern, durch die der Bus fuhr, sehen konnten. In Meran angekommen merkten wir uns die Haltestelle, an der wir ausstiegen. Hier wollten wir am Nachmittag für die Rückfahrt wieder einsteigen.

Meran ist ein sehr bekanntes Thermalbad, man sagt, das meistbesuchte Thermalbad Südtirols. Im Herbst kann man hier eine herbstliche Traubenkur machen. Mitten durch den Ort fließt die Passer, an der man auf den Promenaden zu beiden Seiten gut spazieren gehen kann. Weiterhin ist Meran bekannt durch sein historisches Zentrum mit vielen verwinkelten Gassen, den berühmten Bogengängen und den drei noch erhaltenen Stadttoren.

Wir überquerten die Passer und kamen nun erst einmal am Sandplatz vorbei zur Pfarrkirche St. Nikolaus in der Altstadt. Nach der Besichtigung des Gotteshauses gingen wir vom Pfarrplatz aus die berühmte Laubengasse entlang. Diese Gasse mit ihren Bogengängen ist die Hauptgeschäftsstraße und somit Mittelpunkt Merans. Wir schlenderten hier von Geschäft zu Geschäft, vergaßen dabei aber nicht, uns die Innenhöfe und alten Treppenhäuser anzusehen. Etwas zu essen bekamen wir hier natürlich auch. Am Ende der Laubengasse kamen wir zum Kornmarkt, wandten uns nach links bis zum Theaterplatz und gingen dann über die Theaterstraße wieder zurück zum Sandplatz. Anschließend bewegten wir uns Richtung Passer und besuchten noch die Kurpromenade entlang der Passer. Hier befindet sich auch das Kurhaus mit seiner wunderschönen Terrasse, auf der man bei schönem Wetter relaxen kann. Da wir noch Zeit hatten, schlenderten wir noch die Passerpromenade entlang bis in die Nähe der Bahnlinie, drehten hier um, und kamen über parallel laufende Straßen wieder zurück zum Theaterplatz und, nachdem wir die Passer überquert hatten, zum Linienbus nach Bozen. Im Bus bezahlten wir wieder nur die Differenz zum Grundpreis für die Fahrt nach Bozen und in Bozen für die Fahrt nach Steinegg.

Gegen 17 Uhr trafen wir uns in Steinegg wieder mit der übrigen Reisegruppe zu einer Besichtigung des Ortsmuseums.

Der Weg dorthin führte uns zunächst wieder zur Pfarrkirche. Hier konnten wir den Friedhof mit seinen vielen Kreuzen bei Tageslicht betrachten.

Von dem Kirchenvorplatz hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf den Hausberg der Gegend, den Schlern. Außerdem sahen wir den "Rosengarten" (am rechten Bildrand) sehr schön.

Der Rosengarten ist eine gebrochene Felsenmauer, die sich bei untergehender Sonne gelblich und rötlich verfärbt. Dadurch entsteht ein Eindruck blühender Rosen. Für die Einheimischen und Touristen ist das ein magisch anziehendes Klettergebiet. Der Sage nach verwandelte sich der Rosengarten durch den Fluch des Zwergenkönigs Laurin in eine Steinwüste, nachdem er den Kampf gegen Dietrich von Bern verloren hatte.

Nun gingen wir alle hinunter zum Ortsmuseum, das sich unter der Pfarrkirche befand.

Die Geschichte der Errichtung eines Museums der Gemeinde Karneid, zu der Steinegg gehört, gestaltete sich sehr kompliziert. Nachdem die Schäden aus dem 2. Weltkrieg, der in dieser Gegend viele hässliche Spuren hinterlassen hatte, beseitigt und auch die Arbeiten an der Infrastruktur durch den Bau neuer Verbindungsstraßen zwischen den vielen Gemeindeortsteilen beendet waren, machte man sich Gedanken darüber, ein Museum zu errichten, das das Leben der Südtiroler Vorfahren möglichst umfassend darstellen sollte. Schwierig war vor allen Dingen die Raumfrage. Unter den vielen Möglichkeiten spielte man z. B. mit dem Gedanken, ein altes Bauernhaus in Steinegg, das Furnerhaus, auszubauen und auf dem Gelände vielleicht noch ein neues Haus zu errichten. Man verwarf diesen Plan aber wieder und gedachte das Schloß Karneid, das sich dafür hevorragend geeignet hätte, zu erwerben, aber das scheiterte wieder am Eigentümer des Schlosses. So zerschlug sich eine Hoffnung nach der anderen. Dann kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Im Jahr 1984, dem Tiroler Gedenkjahr, machte der Pater DDr. Resch den Vorschlag, die Pfarrkirche in Steinegg neu zu erbauen. Er hatte auch gleich den Innsbrucker Bauingenieur Höhenwarter an der Hand, der den Anbau eines eigenständigen Raumes an die Nordseite der bestehenden Pfarrkirche in die Diskussion brachte. Durch das neben der Pfarrkirche steil abfallende Gelände würde dann unter dem Neubau ein großer hohler Raum entstehen. Dieser sollte dann zugeschüttet werden. Der damalige Bürgermeister Hans Mahlknecht kam dann aber auf die glorreiche Idee, diesen ca. 450 qm großen Raum durch zusätzliche Aushubarbeiten als Museum zu nutzen. Das war nun die Geburtsstunde des Heimatmuseums der Gemeinde Karneid im Ortsteil Steinegg. Die anschließenden Bauarbeiten an der neuen Kirche und dem Museum schritten trotz der kalten Winter zügig voran.

Am 19. Oktober 1986 wurde dann die neue Kirche eingeweiht, aber die Arbeiten am Museum begannen nun erst.

Es mussten 16 Räume und ein Büroraum in zwei Ebenen ausgestaltet und entsprechend der Vergangenheit so original wie nur möglich eingerichtet werden. Die Gegenstände wurden in der Gegend im Laufe der vorhergehenden Jahre gesammelt und dann unter Mitwirkung von vielen ehrenamtlichen Helfern aus der örtlichen Bevölkerung in den einzelnen Räumen aufgestellt. Die hierbei noch anfallenden handwerklichen Gestaltungsarbeiten wurden ebenfalls ehrenamtlich durchgeführt.

Jürgen hatte unsere Reisegruppe beim Museum vorher angemeldet und so trafen wir uns hier unten vor dem Foyer mit dem Museumsführer. Dieser Mann war sehr kompetent; denn er hatte maßgeblich an der Einrichtung des Heimatmuseums mitgewirkt.

Wir betraten nun das Foyer. Der Museumsführer erklärte uns zunächst anhand eines Geländemodells, wie groß die Gemeinde Karneid ist, und was es bei den vielen Bergen und Schluchten ohne die heutigen Straßen und Verkehrsmittel für ein Aufwand war, früher von einem Ort zum anderen zu kommen. Außerdem fügte er hinzu, dass in dieser Gegend früher das bäuerliche Leben die Hauptrolle spielte. Darum war auch im Mittelalter das Handwerk auf das bäuerliche Leben abgestimmt; d.h. der Handwerker kam zum Bauern und nicht umgekehrt. Heute leben die meisten Leute vom Tourismus. So führte er uns nun von Raum zu Raum und gab uns immer die nötigen Erklärungen. Im ersten Stockwerk besichtigten wir die Räume mit religiöser und weltlicher Volkskunst, eine Hausmühle, eine Küche mit allen Utensilien, eine Wohnstube, eine Schlafkammer, eine Schmiede mit allen nur erdenklichen Geräten, eine Darstellung der Landwirtschaft und Bienenzucht, sowie der Flora, Fauna, Mineralien und dem Sport. Im 2. Stockwerk besahen wir uns Dresche und Scheune, einen Backofen, die Backstube und die Milchkammer, die Handwerke Schuster, Schneider und Weber, Rädermacher, Binder, Pennenmacher, Korbflechter, Besenbinder, Tischler. Alle Möbeln, Geräte und sonstige Utensilien wurden in diesen Räumen mit viel Überlegung auf das Feinste zusammengestellt.

Ich muß also abschließend sagen, dass ich in diesem kleinen Ort Steinegg so eine Perle von Heimatmuseum nicht vermutet habe. Darum empfehle ich jedem, der nach Südtirol kommt, nach Steinegg zu fahren und sich dies anzusehen. Das Museum ist von Ostern bis zum November täglich außer montags geöffnet.

Nach diesem für mich außerordentlichen Ereignis gingen wir alle gemeinsam zum Abendessen zurück ins Hotel.

Abends trafen sich noch einige von uns, Jürgen und Gitta waren natürlich auch dabei, in einer örtlichen Gastwirtschaft zum gemeinsamen Kegeln. Dies war ein guter Abschluß dieses Tages.
 

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